Dr.in Katrin Skala im Gespräch über die Rolle als neue Chefärztin & ihre Vision für die Psychosoziale Versorgung in Wien

Shownotes

In dieser Folge spricht Tatjana mit der neuen PSD-Wien Chefärztin, Primaria Dr.in Katrin Skala. Im Gespräch erzählt sie von ihrem Werdegang zwischen Erwachsenen- und Kinder- & Jugendpsychiatrie, den Herausforderungen in der Versorgung und ihren Hoffnungen für die Zukunft. Sie spricht über Präventionsarbeit von klein auf, die Bedeutung von niedrigschwelligen Angeboten und die Notwendigkeit klarer Strukturen, damit auch Fachkräfte langfristig gesund bleiben können. Außerdem verrät sie ganz persönliche Einblicke: wie sie selbst auf ihre psychische Gesundheit achtet und warum Gurken bei ihr öfter am Abendessenstisch landen.

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00:00:04: Alexandra: Willkommen bei Sozialpsychiatrie auf Wienerisch. Eine Gesprächsreihe der Psychosozialen Dienste in Wien. Wir liefern Einblicke in die psychosoziale Versorgung mit Fachwissen aus erster Hand und Detailtiefe statt plakativen Schlagzeilen. Heute spricht Tatjana mit der neuen Chefärztin des PSD-Wiens, Doktorin Katrin Skala.

00:00:22: Tatjana: Frau Primaria, Doktorin Katrin Skala, Sie sind jetzt die neue Chefärztin der psychosozialen Dienste in Wien. Fangen wir mal ganz einfach an: Was macht das denn mit Ihnen?

00:00:34: Katrin Skala: Das ist jetzt nicht zwingend der ganz einfache Anfang. Das bewirkt bei mir aktuell eine Mischung aus Respekt und Vorfreude. Der Respekt natürlich, daher da die psychosozialen Dienste ein sehr großer Betrieb ist, mit einer langjährigen, jahrzehntelangen Geschichte, mit einer ganz großen Verantwortung und vielen, vielen Mitarbeiter*innen mittlerweile über 700 Und das ist natürlich eine Aufgabe, die schon sehr, sehr verantwortungsvoll ist. Die Vorfreude oder Freude ist darin begründet, dass soweit ich das erleben konnte, bis jetzt der PSD wahnsinnig innovationswillig ist. Wahnsinnig motivierte Menschen hat, engagierte Menschen hat, sehr am Puls der Zeit ist und das macht einfach Spaß den Eindruck zu haben hier wirklich die Dinge anpassen zu können an das, was gerade gebraucht wird.

00:01:33: Tatjana: Wir lesen, hören überall: Psychische Gesundheit, psychische Belastungen sind ein großes Thema für die Wiener und Wienerinnen. Und gleichzeitig bemerken wir leider auch große Defizite, insbesondere an Fachpersonen. Darum auch die Frage an Sie: Warum haben Sie sich für die Psychiatrie entschieden?

00:01:52: Katrin Skala: Es hat mich relativ früh schon einfach interessiert, wie die Psyche funktioniert, wie das Gehirn funktioniert. Und ich habe wohl Medizin studiert, aber meine Entscheidung war Psychologie oder Medizin. Es war mir immer relativ klar, dass es Psychiatrie werden wird. Zum einen finde ich es wahnsinnig spannend, wie verschiedenste Faktoren sich auf die Psyche, auf das Gehirn auswirken und zum anderen ist es auch evident, dass eigentlich unsere psychische Verfassung das Wichtigste ist, was uns ausmacht. Das kann man moralisch so betrachten, man kann es aber auch volkswirtschaftlich sehen. Krankenstände aufgrund psychischer Erkrankungen, sind gerade glaube ich dabei zu überholen, wenn sie nicht schon überholt haben. Die Krankenstände aufgrund orthopädischer Leiden zum Beispiel. Und es ist dann natürlich völlig logisch, dass die nächste Frage ist, wie kann man einwirken auf die psychische Verfassung von Menschen? Und das ist für mich etwas sehr wertvolles und seit einem Vierteljahrhundert sehr Erfüllendes hier zu versuchen einzuwirken.

00:02:56: Tatjana: Viele kennen Sie jetzt aktuell besonders auch aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Zuvor aber sehr viel Erfahrung auch in der Erwachsenenpsychiatrie gesammelt. Vielleicht erzählen Sie ein bisschen was über Ihren Werdegang.

00:03:07: Katrin Skala: Ja, also ich habe Medizin studiert, dann schon im Studium an der Universitätsklinik für Psychiatrie mit zu arbeiten begonnen im Suchtbereich. Das ist überhaupt etwas, was sich als gewisses Spezialgebiet durchgezogen hat durch meine Tätigkeit. Habe dann dort auch eine Ausbildungsstelle angetreten und an der Uniklinik und an WiGev-Spitälern die Ausbildung zur Psychiaterin gemacht und habe dann, was immer schon ein bisschen den Wunsch war, der mitgelaufen ist noch das Additivfach für Kinderpsychiatrie absolviert, wieder am AKH Wien, an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und war dort die letzten 14 Jahre bis Mitte 2024.

00:03:57: Tatjana: Die Erfahrung, die auch die unterschiedlichsten Arbeitsplätze, an denen sie gewirkt haben, bringen natürlich auch viel Erfahrung mit. Sie haben viel gesehen, Sie haben in der Behandlung, in der Zusammenarbeit mit anderen Institutionen auch gemerkt, wo wir dran arbeiten müssen. Was sind denn die Visionen und die Hoffnungen für die Zukunft?

00:04:21: Katrin Skala: Na ja, Visionen. Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen. Meine Hoffnungen und Wünsche für die Zukunft ist, dass wir gewisse Schnittstellenthemen ein bisschen endproblematisieren können. Oder etwas vereinfacht gesagt, dass weniger Ressourcen an den Übergängen verloren gehen, dass die Zusammenarbeit reibungsloser funktioniert oder auch ganz einfach einfacher funktioniert. Es ist ja nicht immer so, dass es Reibungen gibt. Aber oft sind die Abläufe einfach so kompliziert, dass da viel Ressourcen, Zeit und Energie verlorengeht. Und ja, vielleicht schon eine Vision wäre, dass jeder Mensch in dieser Stadt zu jedem Zeitpunkt und in jedem Alter eine niedrigschwellige Anlaufstelle hat, die leistbar, sprich kostengünstig oder kostenfrei Unterstützung zur Verfügung stellt. Und das im Idealfall beginnend mit einer ganz intensiven Präventionsarbeit.

00:05:25: Tatjana: Stichwort Präventionsarbeit Was stellen Sie sich darunter vor?

00:05:29: Katrin Skala: Na ja, es gibt ja Primär-, Tekundär,- und Tertiärprävention. Primärprävention beinhaltet beginnt im Kleinkindalter und beginnt damit, dass man den Kleinen, den Kindern erklärt oder ihnen hilft, Gefühle zu identifizieren. Ihnen hilft dabei, festzustellen, wer sie sind, was sie können, was sie nicht können, dass sie das annehmen, wer sie sind. Das sind jetzt kleine Aspekte von klassischer Präventionsarbeit. Und sehr oft sind wir dann schon fast im Bereich der Sekundärprävention. Dass wir ganz, also sprich Früherkennung und frühe Intervention von, wenn wir jetzt bei Kindern Jugendlichen bleiben, von Minderjährigen, die irgendwo Krisen haben, die vielleicht auch problematisches Verhalten in Ansätzen entwickeln, dass man da sehr früh intervenieren kann und nicht wartet, bis wirklich manifeste Krankheitsbilder da sind oder eine Schulkarriere vorm Abbruch steht. Ebenso gilt das natürlich auch für Erwachsene. Also auch erwachsene Menschen können jederzeit eine psychische Erkrankung entwickeln im Zuge von schwierigen Lebenssituationen, Krisen. Dass man hier eigentlich dann schon Angebote hat, bevor wirklich etwas manifest ist.

00:06:41: Tatjana: Sie haben auch erwähnt, die Krisen, die natürlich auch Erwachsene betreffen und das sind nicht nur die anderen Erwachsenen, auch Sie arbeiten in einem Bereich, wo persönliche, tragische Schicksale eine Rolle spielen, wo es sehr viel Druck auf die einzelnen Fachpersonen und Behandler*innen lastet. Wie gehen Sie damit um? Wie achten Sie auf Ihre eigene psychische Gesundheit?

00:07:03: Katrin Skala: Na ja, ich versuche ganz bewusst, natürlich habe ich Rituale mir erarbeitet, um gewisse Dinge einfach nicht mit nach Hause zu nehmen. Ich habe auch eine Psychotherapie Ausbildung, wo letztendlich relativ viel Selbsterfahrung mitspielt und auch solche Dinge reflektiert werden können. Und ich mache Dinge zum Ausgleich, bewege mich ganz gerne, ich mach Sport, ich mache verschiedene Dinge, die mir ganz gut helfen, auch abzuschalten und wie ich damit mit Blick auf Mitarbeiter*innen umgehe, ist, dass ganz, ganz klar ist dass man Strukturen haben muss, um auf sich zu achten. Sprich regelmäßige Supervision und Ähnliches. Und es gilt natürlich auch für Menschen, die in dem Betrieb arbeiten, die ja nicht anders sind als irgendwer sonst. Dass jeder Einzelne sehr gut auf sich achten muss, dass es wichtig ist, dass man auch innerhalb der Kolleg*innenschaft gut aufeinander achtet und dass es in keiner Weise schambehaftet sein sollte, wenn man mal sagt Ich habe gerade ein Problem mit diesem jenem, dieser Vorfall belastet mich sehr und hier dann auch Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Ich mache das auch.

00:08:19: Tatjana: Dann habe ich noch drei ganz kurze Fragen, um vielleicht sie als Person auch ein bisschen besser kennenzulernen. Frühaufsteher oder Nachteule?

00:08:29: Katrin Skala: Nachteule, Zwangs-Frühaufsteherin.

00:08:33: Tatjana: Äh, Lieblingssong.

00:08:36: Katrin Skala: Das geht nicht. Das sind 300. Sorry. Querbeet.

00:08:39: Tatjana: Welches Gemüse bevorzugen Sie beim Abendessen?

00:08:46: Katrin Skala: Na, de facto sind es meistens Gurken. Wenn ich Zeit habe, gerne Guacamole.

00:08:50: Tatjana: Passt dann. Das waren meine drei Abschlussfragen. Ich glaube, wir haben ein bisschen Einblick bekommen. Und freuen uns auf die Zusammenarbeit.

00:08:58: Katrin Skala: Ich freue mich auch. Dankeschön.

00:09:00: Alexandra: Das war Sozialpsychiatrie auf Wienerisch. Einblicke, die sonst oft fehlen. Jetzt abonnieren für mehr Gespräche mit Expert*innen aus Psychiatrie, Sucht und Drogenarbeit und sozialer Praxis.

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